Der Wiederaufbau
Mit dem Neubau der Orgel für die Hauptkirche St. Katharinen ist ein Instrument wiedererstanden, dessen große Geschichte mit den Namen Scheidemann, Reincken und Bach verbunden ist und das bis zu seiner Kriegszerstörung im Jahre 1943 zu den bedeutendsten Instrumenten im nordeuropäischen Raum gehörte. Es repräsentiert eine derjenigen barocken Monumental-Orgeln, die bereits vor dem Auftreten Arp-Schnitgers ihre Vollendung erreicht und neben den großen Neubauten Schnitgers über Jahrhunderte weiter Bestand hatten. Die von dessen hochbarocken Neubauten deutlich unterschiedene Charakteristik einer über lange Zeit historisch gewachsenen Substanz mit ihrer bis in die Renaissance zurückreichenden Klanglichkeit weisen diesem Instrument eine Schlüsselrolle für das Verständnis der norddeutschen Orgelkunst zu.
Neben dem Wunsch, ein Großinstrument aus der frühen Blütezeit der norddeutschen Barockorgel zurückzugewinnen, waren für den Entschluss einer Rekonstruktion folgende Gesichtspunkte ausschlaggebend: die Katharinen-Orgel ist trotz des weitgehenden Substanzverlustes von 1943 ungewöhnlich gut dokumentiert. Dies ermöglicht zusammen mit der noch erhaltenen einzigartigen, wertvollen historischen Pfeifensubstanz eine organologisch fundierte Rekonstruktion, ohne deren Kontext eine weitere Nutzung des vorhandenen Pfeifenmaterials nicht sinnvoll möglich wäre. Die bedeutendsten Orgelbauer des 17. Jahrhunderts wie Scherer, Fritzsche, Stellwagen und Besser haben der Orgel ihr Gepräge gegeben und heute noch greifbaren Spuren hinterlassen. Dieses bedeutende Erbe zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten gehört zu den wichtigsten Begründungen des Projektes.
Eng verwoben mit der organologischen Bedeutung des Instrumentes ist ihre musikhistorische: sowohl die langjährig hier amtierenden Organisten Scheidemann und Reincken als auch die Besuche und besondere Wertschätzung durch Johann Sebastian Bach weisen die Orgel als unübersehbare Wegmarke für die Entwicklung der Orgelmusikgeschichte aus. Für die Darstellung und das vertiefte Verständnis des Repertoires der genannten Meister bietet das Instrument nunmehr ideale Bedingungen.
Die ausführende Orgelbaufirma Flentrop (Zaandam/NL) hat das historische Material sorgfältig gesichtet und dokumentiert. Auf dieser Grundlage und unter Anwendung historisch belegter Handwerkstechniken (wie z.B. Sandgussverfahren) wurde die Rekonstruktion des Instrumentes im Jahre 2013 vollendet. Begleitet wurde das Projekt durch ein beratendes Fachgremium.